Umsetzung des BTHG:
Bedarfsermittlungsinstrumente der einzelnen Bundesländer
Bedarfsermittlung
Im Rahmen des im Bundesteilhabegesetz festgeschriebenen Gesamtplanverfahrens wird eine Bedarfsermittlung durchgeführt. Die Festlegung des passenden Instrumentes erfolgt durch die jeweiligen Landesregierungen.
Laut Bundesteilhabegesetz müssen sich die angewendeten Instrumente zur Bedarfsermittlung an der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit orientieren. Die ICF (International Classification of Functioning, Disability and Health) gehört zur WHO-Familie der Internationalen Klassifikationen. Sie klassifiziert die Folgen von Krankheiten in Bezug auf Körperfunktionen, Aktivitäten und Teilhabe. Für Kinder und Jugendliche gibt es die ICF-CY, die die Besonderheiten in der Entwicklung und in den Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen berücksichtigt.
§ 142 SGB XII: Instrumente der Bedarfsermittlung (ab 2020 § 118 SGB IX n.F.)
„(1) Der Träger der Sozialhilfe hat die Leistungen nach § 54 unter Berücksichtigung der Wünsche des Leistungsberechtigten festzustellen. Die Ermittlung des individuellen Bedarfes erfolgt durch ein Instrument, das sich an der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit orientiert. Das Instrument hat die Beschreibung einer nicht nur vorübergehenden Beeinträchtigung der Aktivität und Teilhabe in den folgenden Lebensbereichen vorzusehen:
1. Lernen und Wissensanwendung,
2. allgemeine Aufgaben und Anforderungen,
3. Kommunikation,
4. Mobilität,
5. Selbstversorgung,
6. häusliches Leben,
7. interpersonelle Interaktionen und Beziehungen,
8. bedeutende Lebensbereiche und
9. Gemeinschafts-, soziales und staatsbürgerliches Leben.
(2) Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung das Nähere über das Instrument zur Bedarfsermittlung zu bestimmen.“
Bedarfsermittlungsinstrumente
Das Bundesteilhabegesetz muss an vielen Stellen durch Landesgesetze konkretisiert werden, an anderen Stellen haben die Länder gesetzgeberische Gestaltungsspielräume. Die nähere Bestimmung eines Instruments zur Bedarfsermittlung durch Rechtsverordnung kann von den Ländern vorgenommen werden. Das ist allerdings nicht zwingend notwendig.
Im Folgenden werden die Bundesländer aufgelistet, die sich bisher mit der Bestimmung eines Instruments zur Bedarfsermittlung auseinandergesetzt haben (aktualisiert: September 2019).
Baden-Württemberg
Erprobung eines Instruments: In Baden-Württemberg wurde durch eine im Juli 2017 eingerichtete Arbeitsgruppe ein Bedarfsermittlungsinstrument entwickelt, das den Vorgaben des Bundesteilhabegesetzes entspricht, das „BEI_BaWü“. Es gibt eine sechsmonatige Erprobungsphase. Anfang 2019 soll das Instrument landesweit angewendet werden.
Weitere Informationen zum Ermittlungsinstrument finden Sie hier.
Bayern
Erarbeitung eines Instruments: Im Bayrischen Teilhabegesetz I ist die Bildung einer Arbeitsgruppe vorgesehen, die ein Instrument bestimmen soll. Seit März 2018 arbeitet die Arbeitsgruppe an der Aufgabe.
Weitere Informationen finden Sie hier.
Berlin
Erarbeitung eines Instruments: Im März 2018 wurde das Endergebnis einer durch das Land Berlin angestoßenen Studie präsentiert, die die bundesweit eingesetzten Instrumente auf ihre Kompatibilität mit dem BTHG untersuchte. Empfohlen wurde dabei der „Berliner Rehabilitations- und Behandlungsplan“ in einer überarbeiteten ICF-Version.
Weitere Informationen finden Sie hier.
Nachtrag: Inzwischen wurde in Berlin das TIB (Teilhabeinstrument Berlin) erarbeitet. 2019 soll das Instrument erprobt werden.
Das Instrument finden Sie hier.
Brandenburg
Erarbeitung eines Instruments: In Brandenburg wurde durch eine Projektgruppe ein Kriterienkatalog erstellt. Beim Abgleich der bekannten Instrumente mit dem Kriterienkatalog kam man zu dem Schluss, dass BEI_NRW und ITP grundsätzlich die Kriterien erfüllen würden. Die Einführung des ITP soll empfohlen werden. Spätestens im zweiten Quartal 2018 soll eine Rechtsverordnung über das Instrument vorgelegt werden.
Eine Übergangsregelung besagt, dass bis Ende 2019 die bisherigen Instrumente der Bedarfsermittlung wie das Metzler-Verfahren oder das Brandenburger Instrument weiterhin verwendet werden können.
Weitere Informationen finden Sie hier.
Bremen
Kooperation bezüglich eines Instruments: Im Februar 2019 wurde von einer eigens eingesetzten Arbeitsgruppe empfohlen, das Bedarfsermittlungsinstrument des Bundeslandes Niedersachsen (B.E.Ni) in einer modifizierten Form als „B.E.Ni Bremen“ anzuwenden. Die beiden Bundesländer haben inzwischen einen entsprechenden Kooperationsvertrag geschlossen.
Ziel ist es, ab dem 1. Januar 2020 das neue Instrument einzusetzen.
Weitere Informationen finden Sie hier.
Hamburg
Erarbeitung eines Instruments: Der Hamburger Gesamtplan wird überarbeitet.
Hessen
Festgelegtes Instrument: Der „ITP Hessen“ (Integrierter Teilhabeplan Hessen) wird ab Herbst 2018 in hessischen Regionen eingeführt, bis er in ganz Hessen Anwendung findet.
Weitere Informationen finden Sie hier.
Mecklenburg-Vorpommern
Empfohlenes Instrument: Nachdem sich bereits im Februar 2017 eine Steuerungsgruppe darauf verständigt hatte, wurde durch die Sozialamtsleitungen in Mecklenburg-Vorpommern ein einheitliches Bedarfsentwicklungsinstrument festgelegt, der „ITP M-V“ (Integrierter Teilhabeplan Mecklenburg-Vorpommern). Von der Fachaufsicht Sozialhilfe wird die landesweite Anwendung für alle Fälle der Bedarfsermittlung in der Eingliederungshilfe empfohlen.
Weitere Informationen finden Sie hier.
Niedersachsen
Festgelegtes Instrument: Eine 2017 eingesetzte Projektgruppe entwickelte das Bedarfsermittlungsinstrument „BedarfsErmittlung Niedersachen“ (B.E.Ni). Seit dem 1. Januar 2018 ist das Instrument für Leistungen in der Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe in Neufällen verbindlich anzuwenden, den örtlichen Trägern wird es empfohlen.
Weitere Informationen finden Sie hier.
Nordrhein-Westfalen
Festgelegtes Instrument: Die Landschaftsverbände Rheinland und Westfalen-Lippe haben am 12. Dezember 2017 ein neues, einheitliches Bedarfsermittlungsinstrument für Nordrhein-Westfalen vorgestellt, „BEI_NRW – Bedarfe ermitteln, Teilhabe gestalten“. Damit wurde ein landesweit einheitlicher Prozess für die Bedarfsermittlung geschaffen.
Weitere Informationen finden Sie hier.
Rheinland-Pfalz
Entwicklung eines Instruments: Ein neues Instrument („Individuelle Gesamtplanung Rheinland-Pfalz“) wurde entwickelt und wird momentan implementiert. Bisher wurde das Instrument noch nicht veröffentlicht.
Saarland
Bisher liegen keine Informationen vor.
Sachsen
Empfohlenes Instrument: Im Rahmen einer Studie der Technischen Universität (TU) Dresden wurde der „ITP“ (Integrierter Teilhabeplan) als zu erprobendes Bedarfsermittlungsinstrument ausgewählt. Im April 2019 wurde der ITP Sachsen veröffentlicht.
Weitere Informationen finden Sie hier.
Sachsen-Anhalt
Festgelegtes Instrument: Im Dezember 2019 wurde das Instrument „Eingliederungshilfe Land Sachsen-Anhalt“ (ELSA) eingeführt.
Weitere Informationen finden Sie hier.
Schleswig-Holstein
Erarbeitung eines Instruments: Die kommunalen Gebietskörperschaften sollen zusammen mit dem Ministerium MSGJFS ein Instrument entwickeln, erproben und implementieren. Bis zum 01.01.2020 sollen die gesetzlichen Vorgaben umgesetzt werden.
Weitere Informationen finden Sie hier.
Thüringen
Festgelegtes Instrument: Am 1. Januar 2018 hat Thüringen per Rechtsverordnung ein einheitliches Instrument festgelegt, den „Integrierten Teilhabeplan“ (ITP). Der ITP wurde in Thüringen bereits ab 2011 in Modellregionen erprobt.
Weitere Informationen finden Sie hier.
Empfehlung: Umsetzungsbegleitung BTHG
Auf der Seite https://umsetzungsbegleitung-bthg.de/ wird über alle Fortschritte im Rahmen der Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes informiert. Neben Antworten auf aktuelle Fragen finden sich hier auch Informationen zum Umsetzungsstand in den einzelnen Bundesländern sowie Rückblicke auf Veranstaltungen zum BTHG. Gefördert wird das Projekt durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales.
BTHG in leichter Sprache
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (kurz BMAS) erklärt das Bundesteilhabegesetz in leichter Sprache. Um zu dieser Version weitergeleitet zu werden, klicken Sie bitte auf den folgenden Link: Bundesteilhabegesetz in leichter Sprache.